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Vorlesen macht Kinder stark fürs Leben

Mittwoch, 1. Januar 2025

Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wird, haben es später leichter in der Schule. Denn Vorlesen fördert die Sprache, und wer die Unterrichtssprache gut beherrscht, ist schneller im Lernen. Aber Vorlesen kann noch mehr. Es hilft Kindern auch dabei, mit den Belastungen des Lebens besser umzugehen. Mit anderen Worten: Es stärkt die psychische Gesundheit von Kindern. Und starke Kinder haben gute Chancen, sich zu starken Erwachsenen zu entwickeln.

 

Hier können Sie den Gesundheitstext anhören:


Warum ist Vorlesen wichtig?

Beim Vorlesen hören Kinder immer wieder neue Wörter und nehmen diese in ihren eigenen Wortschatz auf. Auch lernen sie verschiedene Satzstrukturen kennen, die sie bald selbst anwenden können. Damit erweitern sie ihre Fähigkeit, sich sprachlich genau und vielfältig auszudrücken. Das Zuhören fördert außerdem die Konzentration und macht Lust, selbst lesen zu lernen. In der Schule braucht man das Lesen, um Aufgaben richtig zu verstehen und zu lösen. Tatsächlich haben Kinder, denen viel vorgelesen wurde, oft bessere Noten als andere.

Aber es geht nicht nur um Schulnoten. Vorlesen ist auch wichtig für die Entwicklung von Gefühlen. Wenn Figuren in den Vorlese-Geschichten Glück oder Leid erfahren, fühlen Kinder mit ihnen. Sie lernen, sich in andere Personen hineinzuversetzen und andere Blickwinkel einzunehmen. So können Kinder auch schwere Gefühle wie Angst oder Trauer kennenlernen und üben, damit umzugehen. Spannende Geschichten wecken außerdem die Neugier und regen die Fantasie an.

Vorlesen stärkt die Bindung zwischen Eltern und Kindern

Wichtig beim Vorlesen ist, dass das Kind und die vorlesende Person miteinander in Kontakt treten und zusammen auf das Vorgelesene reagieren. Das kann bei ganz kleinen Kindern bedeuten, dass man passend zum Bilderbuch Tierlaute oder andere Geräusche nachmacht. Mit älteren Kindern überlegt man vielleicht, wie eine Geschichte sich entwickeln könnte, bevor man sie weiter vorliest. Oder man malt sich zusammen aus, wie sich eine Figur wohl gerade fühlt. Je älter Kinder werden, desto mehr Fragen rund um die Geschichte können besprochen werden.

Solche Interaktionen stärken die Bindung zwischen denen, die vorlesen, und denen, die zuhören. Besonders gut ist es, wenn Eltern, Großeltern oder andere vertraute Personen vorlesen – vor allem, wenn die Kinder noch sehr klein sind. Ebenso bedeutsam ist, wenn daraus ein verlässliches Ritual wird. Ein Podcast oder eine CD kann das heimelige Gefühl und die Nähe, die beim Vorlesen entsteht, nicht ersetzen. Um psychisch gesund aufzuwachsen, brauchen Kinder Bindungserfahrungen und emotionale Zuwendung – beides entsteht beim Vorlesen ganz nebenbei.

Vorlesen fördert die psychische Gesundheit von Kindern

Psychische Gesundheit bedeutet, dass ein Kind seine Fähigkeiten nutzen kann und dass es ihm gelingt, die Belastungen des täglichen Lebens zu bewältigen – zum Beispiel, wenn es Streit auf dem Schulhof gibt oder wenn ein Familienmitglied erkrankt. Psychisch gesunde Kinder können sich gut in eine Gemeinschaft einbringen und haben es beim Lernen leichter. All das kann regelmäßiges Vorlesen unterstützen, wie verschiedene Studien gezeigt haben. Hier einige Beispiele:

  • Mütter, die angeleitet wurden, ihren drei Monate alten Kindern täglich vorzulesen, haben das auch nach einem Jahr noch getan. Ihre Kinder lernten schneller sprechen als Kinder, denen nie oder selten vorgelesen wurde.
  • Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wurde, verfügen über bessere emotionale und soziale Fähigkeiten als Kinder, denen selten oder nie vorgelesen wurde. Das hat eine Befragung von Eltern von 8- bis 12-jährigen Kindern ergeben. Die Vorlese-Kinder zeigten mehr Mitgefühl, waren hilfsbereiter und übernahmen mehr Verantwortung. 40 Prozent der Vorlese-Kinder bemühten sich besonders darum, andere in die Gemeinschaft zu integrieren. Von den Kindern, denen nicht oder wenig vorgelesen wurde, taten dies nur 17 Prozent.

Kinder mit guten emotionalen und sozialen Fähigkeiten werden im Allgemeinen besser akzeptiert und schließen leichter Freundschaften. Das wiederum kann sich positiv auf ihre psychische Gesundheit auswirken.

  • Vorlesen verringert Anspannung, Stress und sogar das Schmerzempfinden. Dies hat ein Versuch auf einer Kinder-Intensivstation gezeigt. Die Kinder, die in einer Vorlesegruppe waren, fühlten sich besser als diejenigen in einer Rätselgruppe.
  • Eine Studie in Irland ergab, dass frühes Vorlesen sich positiv auf die Eltern-Kind-Beziehung aus In den Familien, in denen vorgelesen wurde, waren alle Personen weniger gestresst, es gab weniger Aggression und weniger Verhaltensauffälligkeiten. All das wurde auf das Vorlesen zurückgeführt.


Fünf Tipps für ein gutes Vorlesen:

  1. Fangen Sie sehr früh an, Ihrem Kind vorzulesen. Schon ein Bilderbuch zu betrachten, zählt als Vorlesen.
  2. Lesen Sie Ihrem Kind regelmäßig vor. Vielleicht machen Sie die gleiche Erfahrung wie viele andere Erwachsene: Die Vorlese-Zeit macht Spaß und entschleunigt.
  3. Verstärken oder besprechen Sie das Gelesene mit Ihrem Kind. So kann es sich besser mit dem Gehörten beschäftigen.
  4. Lassen Sie das Kind entscheiden, über welche Aspekte des Vorgelesenen es mit Ihnen reden will. Eine Geschichte muss nicht von vorne bis hinten gelesen werden.
  5. Fragen Sie in einer Buchhandlung nach Lesetipps. Oder gehen Sie – ab einem bestimmten Alter gemeinsam mit dem Kind – in eine Bücherei, wo sie Bücher günstig ausleihen können.

Diese Situationen eignen sich besonders zum Vorlesen 

Als Abendritual vor dem Schlafengehen
Vorlesen als Teil der Gute-Nacht-Routine beruhigt Kinder und bereitet sie auf den Schlaf vor.

Feste Vorlesezeiten am Nachmittag
Nach der Schule oder der Kita, wenn Kinder zur Ruhe kommen, bietet sich Vorlesen als entspannende Aktivität an.

In öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Wartezimmer
Während längerer Bus- oder Zug-Fahrten oder in der kinderärztlichen Praxis kann Vorlesen die Zeit sinnvoll überbrücken.

Regentage oder ruhige Nachmittage zu Hause
Bei schlechtem Wetter ist Vorlesen eine wunderbare Möglichkeit, gemeinsam Zeit zu verbringen.

Vor besonderen Anlässen oder Feiertagen
Geschichten zu Feiertagen, wie Weihnachten oder Geburtstag, schaffen Vorfreude und besondere Momente.

Beim gemeinsamen Entspannen nach aktiven Spielen
Nach Bewegungseinheiten oder im Anschluss an den Sport kann das Vorlesen helfen, den Tag zu entschleunigen.

So können Sie mit Vorlesen ein Stück dazu beitragen, dass aus Kindern psychisch gesunde, selbstbewusste und widerstandsfähige Jugendliche werden, die gut im Leben zurechtkommen.

© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Susanne Schneider, freistil-texte.de;  Redaktion: Birgit Kahl-Rüther, Mail: bkahl@lzg-rlp.de

Der Text stützt sich u.a. auf einen Artikel der Stiftung Lesen in der Zeitschrift „Kinder- und Jugendarzt“ Nr. 10/2024


 

Download

Sie können den Text hier herunterladen.

 

Weiterführende Links zum Thema:

Die Stiftung Lesen hat Tipps und Informationen rund um das Lesen auf ihrer Website und nennt 10 Gründe, warum Vorlesen wichtig ist.

Der Vorlesemonitor 2024 ist eine repräsentative Befragung zum Vorleseverhalten von Familien.

Informationen von SWR1 Warum Vorlesen für Kinder so wichtig ist

 


 

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