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Pubertät – die Zeit zwischen Kindheit und Erwachsenwerden

Mittwoch, 15. Februar 2023

Wenn von „der Pubertät“ die Rede ist, blitzt bei den meisten Erwachsenen im Hinterkopf ein „oh Schreck“ auf – bei vielen Jugendlichen übrigens auch. So vieles passiert im Körper, im Kopf und im Zusammenleben, was nur schwer einzuordnen ist. Doch es gibt nicht nur die schrecklichen Seiten der Pubertät. Zu wissen, was in Körper und Gehirn der Jugendlichen vorgeht, verleiht mehr Gelassenheit einer schwierigen Familienphase – und lässt auch die schönen Seiten entdecken.

Hier können Sie den Gesundheitstext anhören:


Was passiert in der Pubertät?

Vor der Pubertät unterscheiden sich Mädchen und Jungen nur wenig voneinander: Körperbau, Gesicht und Stimme sind ähnlich. Die auffälligsten Unterschiede sind die – allerdings noch wenig entwickelten – äußeren Geschlechtsorgane. Was genau die Pubertät auslöst, ist noch ungeklärt. Bei Mädchen beginnt sie in der Regel etwas früher – so um das 9. Lebensjahr – bei Jungen etwas später – erst um das 11. Lebensjahr.

Das Gehirn sendet dabei Signale, die die Bildung von Sexualhormonen anregen. Die Hormone sind für die allmählich einsetzenden Veränderungen des Körpers verantwortlich. Sie führen unter anderem dazu, dass die Keimdrüsen – bei Jungen die Hoden und bei Mädchen die Eierstöcke – reifen. Die Keimdrüsen übernehmen später auch die Produktion der Sexualhormone und geben sie dann in größerer Menge ins Blut ab.

Vermehrte Körperbehaarung, einsetzender Stimmbruch und die Ausbildung der weiblichen Brüste sind bei den Heranwachsenden unübersehbar. Und damit müssen junge Menschen erst mal zurechtkommen. Viele fühlen sich unsicher und verletzlich. Auch die neuen Gefühle von Liebe und Sexualität können Jugendliche verunsichern. Diese Stimmungsschwankungen sind jedoch keine Launen, sondern haben ihre handfeste Ursache in der ungleichmäßig anlaufenden Hormonproduktion: Entweder es befinden sich zu viele Hormone in Blut und Gehirn, oder es sind zu wenige. Dann herrscht eine Art Hormonentzug.  

Die Pubertät endet in Etappen: Die meisten Mädchen sind mit 14, Jungen mit 16 Jahren geschlechtsreif.

Die Rolle des Gehirns

Das Gehirn als Steuerungszentrale unseres Lebens spielt natürlich auch in der Pubertät eine herausragende Rolle. Physiologisch betrachtet ist es zwar mit zehn Jahren schon fast ausgewachsen –  aber nicht in allen Bereichen. Das Frontalhirn, das hinter der Stirn liegt und für vorausschauende Planung verantwortlich ist, bildet sich als letztes aus. Kein Wunder also, dass Jugendliche „alles vergessen“ oder „sich nichts dabei denken“ und so manche Eltern zur Weißglut treiben. Dabei können sie tatsächlich aufgrund des unreifen Frontalhirns noch nicht so zukunftsorientiert planen wie Erwachsene.

Hinzu kommt, dass Teenager in besonderem Maße dem Botenstoff Dopamin ausgeliefert sind. Er steigert die Risikofreudigkeit. In der frühen Phase der Pubertät sind die Nervenzellen, die auf Dopamin reagieren, offenbar dominant und bestimmen über die anderen Hirnregionen. Die Auswirkungen sind allgegenwärtig: Pubertierende Jugendliche wollen etwas Neues erleben, machen sich wenig Gedanken über Risiken und sind immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen.

Bei vielen gehört auch das Austesten von Drogen und anderem Verbotenen dazu. Hier darf die Pubertät jedoch nicht allzu lange als Entschuldigung herhalten. Eltern sollten klare Grenzen ziehen – für die Jugendlichen und sich selbst. Untersuchungen zeigen nämlich immer wieder, dass beispielsweise der Alkoholkonsum der Eltern und die leichte Zugänglichkeit des Stoffs dazu führen, dass Jugendliche mehr Alkohol trinken.

Stress ins Familienleben bringt oft auch die Tatsache, dass der Nachwuchs gerne die Nacht zum Tag macht und am liebsten erst bei Morgengrauen ins Bett geht. Dies ist ebenfalls auf das Gehirn zurückzuführen. Ab dem Alter von etwa zehn Jahren verändert sich die innere Uhr des Menschen: Der Zeitpunkt der Schlafmitte verschiebt sich in Richtung Morgen. Entsprechend verschiebt sich auch der Zeitraum der größten Leistungsfähigkeit. Die Kollision mit den Zwängen des Schulbesuchs ist so schon fast vorprogrammiert. Jedoch ist der Takt der inneren Uhr mit Willensanstrengung kaum zu beeinflussen. Zwingt man Jugendliche dazu, früher ins Bett zu gehen, werden sie nicht einschlafen. Allenfalls kann der Schlafrhythmus durch Tagsüber-Aktivitäten wie Sport leicht verändert werden.

Das Positive sehen

Wie fast alles, hat auch die Pubertät zwei Seiten. Die Suche der Heranwachsenden nach neuen Erfahrungen kann das Familienleben bereichern. Diskussionen müssen nicht immer stressig sein, sie können beiden Seiten neue Erkenntnisse bringen. Provokante oder auch wirre Thesen locken Eltern aus der Komfortzone, weiten so deren Blick und helfen, eingefahrene Denkmuster zu entlarven. „Mehr zuhören und nicht gleich bewerten oder ablehnen“, so lautet denn auch der Rat vieler Psychologinnen und Psychologen an Eltern, die unter den ständigen „Widerworten“ ihrer Kinder leiden.

Natürlich gehört es zum Wesen der Pubertät, sich von den Eltern abzugrenzen. Dennoch gibt es meist nach wie vor Gemeinsamkeiten. Das kann ein liebgewonnenes Spiel oder eine Unternehmung aus der Kindheit sein. Vielleicht setzen die jungen Leute jetzt einen anderen Schwerpunkt, auf den Eltern sich ruhig mal einlassen sollten. Mit etwas Glück bekommen Eltern auch die Chance, mit ihren Kindern Neuland zu entdecken, denn schließlich ist es ja spannend zu sehen, in welche Richtung sich diese auf dem Weg zum Erwachsenenleben entwickeln. Nicht zuletzt können Eltern aus dem Drang ihrer heranwachsenden Kinder nach Unabhängigkeit auch eigene, neue Freiheiten gewinnen: Viele Bereiche ihres Lebens können die Teenager schon ganz alleine bestreiten.

Bei Problemen Rat suchen

Selbst wenn noch so viel Verständnis und Vertrauen helfen, durch die Pubertät zu kommen – es gibt ausreichend Fälle, in denen Eltern verzweifeln und Jugendliche Gefahr laufen, schwerwiegende Probleme zu bekommen. Sind solche Tendenzen zu erkennen, sind die Kinderärztin oder der Kinderarzt eine wichtige erste Anlaufstelle. Themen der Pubertät gehören sogar explizit zu den Vorsorgeuntersuchungen für Jugendliche ab 12 Jahren. Auch Informationen zu weiterführenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten sind hier zu bekommen.

Die LZG-Akademie bietet die Fortbildung risflecting® an. Dies ist ein pädagogisches Handlungsmodell zur Entwicklung von Rausch- und Risikobalance. Es wird im gesamten deutschsprachigen Raum von ausgebildeten Fachleuten im Dienste der Sucht- und Gewaltprävention in Schulen, Betrieben, Beratungseinrichtungen, Jugendzentren und Freizeitparks sowie der Verkehrserziehung angewandt und stetig weiterentwickelt. Der risflecting®-Studienweg eröffnet Zugänge zu den Grundlagen der Rausch- und Risikopädagogik. Die Weiterbildung zeigt Schritte auf, die Jugendliche, Erwachsene und das gesellschaftliche Umfeld dabei begleiten können, Balance im Umgang mit Rausch und Risiko zu finden.

Mehr Informationen zu risflecting® finden Sie im Flyer

 

© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Susanne Schneider, freistil-texte.de
Redaktion: Andrea Sudiana, E-Mail asudiana@lzg-rlp.de


 

Weiterführende Links

Die Nummer gegen Kummer bietet anonymen Rat und Hilfe für Jugendliche und ihre Eltern

Weitere Infos über Pubertät und Psychologie


 

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