Mundgeruch – (k)ein Tabuthema
Mittwoch,
1. Juni 2022
Wer ihn hat, bemerkt es meist gar nicht. Und anderen ist es peinlich, das Gegenüber darauf anzusprechen. Über Halitosis, wie Mundgeruch medizinisch heißt, spricht man nur ungern. Und das ist problematisch: Denn wer nicht weiß, weshalb Mitmenschen auf Abstand gehen, kann das Problem nicht beheben. Deshalb sollte der unangenehme Geruch des Atems kein Tabuthema sein – zumal er in den meisten Fällen gut zu behandeln ist. Gleichzeitig kann er aber auch auf gesundheitliche Probleme hinweisen. Ein Grund mehr, darüber zu sprechen.
Hier können Sie den Gesundheitstext anhören:
Mundgeruch ist (vermutlich) so alt wie die Menschheit
Wenn man bedenkt, dass Mundgeruch in den meisten Fällen durch Speiserückstände oder Entzündungen im Mundraum entsteht, kann man getrost davon ausgehen, dass unsere Urahnen ebenfalls davon betroffen waren. Verbürgt ist mindestens ein prominenter Leidensgenosse: der Sonnenkönig Louis XIV. Er hatte schlechte Zähne, viele Zahnlücken, wahrscheinlich daher Karies und entsprechende Gerüche im Mund. Sein Hofstaat wird es kaum gewagt haben, ihn darauf anzusprechen. Und wer betroffen ist, merkt es meist nicht. Dieses Phänomen heißt Adaption, also Anpassung – genauer ist es hier eine verminderte Sensibilität des Geruchsinns als Folge konstanter Stimulation. Wir haben die Fähigkeit, uns mit der Zeit an üble Gerüche zu gewöhnen, vor allem, wenn sie langsam entstehen oder wir ihnen permanent ausgesetzt sind. Bitten Sie deshalb einmal einen vertrauten Menschen, Ihnen zu sagen, wie Ihr Atem riecht. Machen Sie deutlich, dass Sie es wirklich wissen wollen. Kindern fällt es übrigens meist leichter, ehrlich zu sein.
Der erste Schritt: Zahn- und Mundhygiene überprüfen
Wenn Ihnen bescheinigt wird, dass Ihr Atem nicht neutral und nicht frisch riecht, dann besorgen Sie sich als erstes die folgende Ausstattung: Zungenbürste, Zahnseide und / oder Interdentalbürsten. Am besten erneuern Sie bei der Gelegenheit auch gleich Ihre Zahnbürste. Nach dem gründlichen Zähneputzen nehmen Sie sich die Zahnzwischenräume vor, indem Sie sie mit der Zahnseide oder der Interdentalbürste reinigen. Die kleine Bürste ist bei erweiterten Zwischenräumen meist die bessere Wahl, denn es gibt sie in verschiedenen Stärken.
Oft ist man erstaunt, was sich alles vor der Zahnbürste verbergen konnte. Durch die Bakterien, die sich natürlich auch in den Zahnzwischenräumen ungestört ansiedeln, kommt es zu Umwandlungsprozessen, die den unangenehmen Geruch verursachen können.
Anschließend wenden Sie den Zungenreiniger an, denn auch auf der rauen Oberfläche der Zunge siedeln sich gerne unerwünschte Bakterien an. Der Zungenreiniger besitzt oft auf der einen Seite ein Bürstchen und auf der anderen Seite einen Schaber. Zuerst wird gebürstet und dann geschabt, immer von hinten nach vorne. Machen Sie dies mehrmals. Die Zunge sollte jetzt schön sauber und rot sein. Spülen Sie den Mund mit reinem Wasser aus. Mundwasser übrigens wird von Zahnärzten nur eingeschränkt empfohlen, weil es auch „gute“ Mundbakterien tötet. Mit diesem Prozedere haben Sie schon die häufigsten Ursachen für Mundgeruch schnell und gefahrlos beseitigt.
Der zweite Schritt: Krankheiten und Entzündungen als mögliche Ursache ausschließen
Kann Ihnen trotz verbesserter Mundhygiene Ihre Vertrauensperson immer noch nicht zu einem reinen Atem gratulieren, dann ist medizinisches Fachwissen gefragt: von der Hals-Nasen-Ohrenärztin, dem Zahnarzt und der Internistin.
In der Hals-Nasen-Ohren-Praxis, kurz HNO-Praxis, werden Hals und Nase vor allem auf Entzündungen hin untersucht. Es kann eine Mandelentzündung vorliegen, eine Stirnhöhlenvereiterung oder eine Entzündung im Mundraum, die durch Herpes-Viren verursacht wird. Im Einzelfall können sich auch Zysten oder Geschwulste gebildet haben. Auf jeden Fall ist hierbei die Halitosis ein Warnsignal. Wenn die dahinterstehende Krankheit geheilt wurde, ist auch der Atem wieder tadellos.
Gibt die HNO-Praxis grünes Licht, dann lassen Sie sich Ihre Zähne zahnärztlich betrachten. Hier können eventuell kariöse Stellen oder Zahnfleischentzündungen diagnostiziert werden. Vielleicht sind ja die bakteriellen Zersetzungen die Ursache der Halitosis. Es können auch Zahnfleischentzündungen oder abgestorbene Zähne sein. Nicht immer sieht man selbst so genau, was im eigenen Mund vor sich geht. Von daher ist ein regelmäßiger Zahnarztbesuch generell anzuraten.
Ein weiterer Gang ist der Weg zu einer Praxis für innere Medizin. Früher dachte man, der schlechte Geruch würde generell aus dem Magen aufsteigen. Das stimmt nicht, aber ein Magengeschwür führt tatsächlich zu einem sauren Geruch. Da heutzutage Magengeschwüre gut mit Medikamenten behandelt werden können, tritt diese Ursache nur noch selten auf. Häufigere internistische Ursachen sind Krankheiten an der Lunge oder auch eine Schädigung der Speiseröhre durch Sodbrennen. Dies alles aber ist bei einer Untersuchung erkennbar. Sollte hierbei ein Acetongeruch festgestellt werden – er erinnert an Nagellackentferner –, kann es sich um einen schlecht eingestellten oder nicht erkannten Diabetes handeln.
Der dritte Schritt: Lebens- und Ernährungsgewohnheiten ändern
Abgesehen von den bisher genannten Ursachen für unangenehmen Geruch gibt es auch Erklärungen in den Lebensgewohnheiten. Wenn Sie viel durch den Mund atmen oder schnarchen, sind Sie hier gefährdet. Denn dies trocknet die Mundschleimhaut aus, was wiederum Mundgeruch fördert. Reichlicher Speichelfluss ist daher in gewisser Weise ein Mittel für guten Atem.
Sehr oft sind auch Lebensmittel die Übeltäter, vor allem Knoblauch, Zwiebeln, Lauch und deftiger Käse. Und, was Raucher gar nicht gerne hören: Tabakrauch ruft einen speziellen Mundgeruch hervor, weil sich Tabakbestandteile auf den Schleimhäuten festsetzen. Viele versuchen dann, den Raucheratem mit einem Pfefferminzbonbon zu vertreiben. Doch die belegten Schleimhäute reichen die ganzen Atemwege bis in die Lungen hinunter, und so weit wirkt kein Pfefferminz.
Aber wie schon anfangs gesagt: In rund 90 Prozent der Fälle liegt die Ursache der Halitosis im Mundbereich: Reichliche Mundhygiene von Zähnen, Zahnzwischenräumen und Zunge löst in der Regel das Problem.
© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Dr. Beatrice Wagner, www.beatrice-wagner.de, Susanne Schneider, freistil-texte.de
Redaktion: Andrea Sudiana, E-Mail asudiana@lzg-rlp.de
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