Die Milch macht’s – Was tun bei Laktose-Unverträglichkeit?
Sonntag,
1. Juli 2018
Milch ist gesund, so heißt es. Aber: Viele Menschen können Milch nicht vertragen. Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung hat Schwierigkeiten, den in der Milch enthaltenen Milchzucker – auch Laktose genannt – zu verdauen. Die Betroffenen leiden nach dem Genuss von Milchprodukten und Käse unter Blähungen, Bauchbeschwerden, Übelkeit und Durchfall. Milchzucker ist ein Kohlenhydrat, das generell in der Milch von Säugetieren vorkommt. Daher führt bei einer Laktose-Unverträglichkeit der Wechsel zu Ziegen- oder Schafsmilch nicht zu einer Besserung der Beschwerden.
Die Verdauung von Milchzucker geschieht im Dünndarm. Hier wird normalerweise das Enzym Laktase gebildet, das den Milchzucker in seine verwertbaren Bestandteile aufspaltet. Fehlt das Enzym teilweise oder ganz, wird der Milchzucker weitgehend ungespalten in den Dickdarm weiterbefördert. Dort wird er von Dickdarm-Bakterien verdaut, was allerdings mit Beschwerden verbunden ist. Es entstehen Gase, die schmerzhafte Blähungen und Krämpfe verursachen. Die Gase verändern außerdem das Säuregleichgewicht im Dickdarm. Dies führt zu wässrigem, schaumigem, sauer riechendem Durchfall. Die Beschwerden treten bereits 15–30 Minuten nach dem Verzehr von laktosehaltigen Produkten auf.
Diagnose von Milchzuckerunverträglichkeit
Beobachten Sie die beschriebenen Symptome, können Sie zunächst die Gegenprobe machen, indem Sie eine Weile komplett auf Milchprodukte verzichten. Sind Sie dabei beschwerdefrei, deutet vieles auf eine Unverträglichkeit hin und Sie sollten Ihre hausärztliche Praxis aufsuchen. Dort kann anhand von Tests eine Milchzuckerunverträglichkeit festgestellt werden.
In der Regel geschieht dies durch den „H2-Atemtest“. H2 ist Wasserstoff, der bei Vergärung von Milchzucker im Dickdarm entsteht und dann in der Atemluft vermehrt nachgewiesen werden kann. Für den Test muss ein großes Glas Wasser mit gelöstem Milchzucker getrunken werden. Anschließend wird die ausgeatmete Luft analysiert. Je mehr Wasserstoff in der Atemluft enthalten ist, desto schlechter wird der Milchzucker vertragen.
Um ernsthafte Ursachen für die Beschwerden auszuschließen, kann die aufwändigere Dünndarmgewebeprobe durchgeführt werden. Hierzu wird über die Speiseröhre ein Schlauch in den Darm eingeführt, durch den eine Schleimhautprobe aus der Darmwand entnommen wird. An dieser kann direkt nachgewiesen werden, ob aktive milchzuckerspaltende Enzyme im Dünndarm vorhanden sind oder nicht. Eine solche Untersuchung ist bei dem Verdacht sinnvoll, dass nicht Laktose-Unverträglichkeit, sondern eine Dünndarmerkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa die Beschwerden verursacht. Auch Zöliakie, bei der Weizenkleber – das so genannte Gluten – nicht vertragen wird, geht oft mit Milchzuckerunverträglichkeit einher.
Laktose-Unverträglichkeit kann übrigens auch nach einer Magen- oder Darmoperation, nach der Einnahme von Antibiotika oder während einer Chemotherapie auftreten. In den letztgenannten Fällen verschwinden die Durchfälle wieder, wenn die Antibiotika- oder Chemotherapie beendet ist.
Vorbeugen ist möglich
Laktose-Unverträglichkeit ist nicht heilbar, man kann den Beschwerden jedoch vorbeugen:
- Nehmen Sie nur noch ein Drittel der bisher üblichen Menge an Milchzucker zu sich. Diese Menge kann meistens noch gut abgebaut werden. Verringern Sie vor allem Milch und Sahne auf Ihrem Speiseplan.
- Testen Sie, ob Sie Joghurt vertragen, was meist der Fall ist. Aufgrund der Milchsäurebakterien ist im Joghurt eine gewisse Menge des Enzyms Laktase enthalten, das für die Milchzuckerspaltung gebraucht wird.
- Bevorzugen Sie reifen Käse – er ist meist besser verträglich als junger Käse. Da während des Reifeprozesses ein Großteil der Laktose von Milchsäurebakterien verwertet wird, enthält er weniger Milchzucker als junger Käse. Hütten- und Frischkäse enthalten generell weniger Milchzucker als zum Beispiel Milch und sind damit bedingt empfehlenswert.
- Beachten Sie die Zutatenliste bei verpackten Lebensmitteln und Medikamenten. Oft wird in industriell produzierten Lebensmitteln Milchzucker aus Herstellungsgründen zugegeben.
- Greifen Sie zu laktosefreien Milchprodukten. Darin liegt der Milchzucker bereits gespalten vor.
Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen: Das Enzym Laktase ist in Form von Pulvern, Kautabletten oder Kapseln in Apotheken oder Drogerien erhältlich. Bei zeitgleicher Einnahme mit milchzuckerhaltigen Produkten kann es bei der beschwerdefreien Verdauung helfen.
Echte Milchallergie
Eine Milchallergie ist etwas grundsätzlich anderes als eine Milchzuckerunverträglichkeit. Bei der Milchallergie findet eine allergische Abwehrreaktion auf verschiedene Bestandteile von Milcheiweiß statt. Besteht eine Allergie auf das Milcheiweiß Casein, müssen Betroffene häufig auf Milch und Milchprodukte aller Tierarten verzichten.Casein ist nämlich nicht tierspezifisch und bis 120 Grad hitzebeständig. Bei einer Allergie auf den Bestandteil Molkeneiweiß in der Kuhmilch können Sie jedoch auf die Milch von Ziegen oder Schafen zurückgreifen. Da Molkeneiweiß schon bei niedrigeren Temperaturen zerstört wird, können Molkeneiweiß-Allergiker auch häufig ultrahocherhitze H-Milch vertragen.
Die Symptome einer Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) und einer Milchallergie sind sehr ähnlich. Deshalb ist es wichtig, die genaue Ursache zu kennen. Nur so kann man Lebensmittel, die Beschwerden verursachen, vom Speiseplan streichen. Milchprodukte sind jedoch wichtig für die Knochengesundheit. Wenn Sie keine Milch vertragen, sollten Sie viel Grünes essen und – nach Rücksprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt – eventuell Calciumtabletten einnehmen, um sich vor einer späteren Osteoporose zu schützen.
© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Dr. Beatrice Wagner
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