Altersschwindel – Symptom für Erkrankungen
Freitag,
1. Februar 2019
Schwindel ist nach Kopfschmerz der häufigste Grund für einen Arztbesuch. Dabei sind laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Neurologie ältere Personen mehr als doppelt so häufig von Schwindel betroffen wie junge Menschen. Wer unter Schwindel leidet, ist im Alltag eingeschränkt, denn es besteht die Gefahr, das Gleichgewicht zu verlieren und zu stürzen. Tatsächlich sind die meisten Stürze von älteren Menschen auf eine vorausgegangene Schwindelattacke zurückzuführen.
Auf jeden Fall sollte man Schwindelattacken ernst nehmen: Sie sind selbst keine Krankheit, aber stets ein Hinweis auf eine andere, meist behandelbare Störung. Dazu braucht es jedoch eine ärztliche Diagnose, denn es gibt unterschiedliche Formen von Schwindel.
Schwankschwindel
Bei älteren Menschen tritt Schwindel deshalb besonders häufig auf, weil die Sensoren im Innenohr, die zum Gleichgewichtssystem gehören, vorzeitig altern können. Man spricht hier von „bilateraler Vestibulopathie“, also von einer beidseitigen Erkrankung der Gleichgewichtsorgane. Charakteristisch für diese Erkrankung ist, dass es bewegungsabhängig zu Schwankschwindel und damit zu Gangunsicherheit kommt. In Ruhe haben die Betroffenen meist keine Beschwerden, sondern nur, wenn sie sich aufsetzen, aufstehen, sich bücken oder gehen.
Mit dem „Kopfdrehtest“ kann diese Art von Schwindel schnell diagnostiziert werden. Dabei muss die Patientin oder der Patient den Kopf schnell hin- und herdrehen. Bleibt der Schwindel aus, können die Gleichgewichtssinne zusätzlich mit einer Ohrspülung mit kaltem und warmem Wasser gereizt werden. Wenn der Kopfdrehtest oder die Ohrspülung Schwindelgefühle auslöst, handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine „bilaterale Vestibulopathie“. Deren Therapie besteht unter anderem in einem intensiven Gleichgewichtstraining. Dazu gibt es spezielle Sportgeräte für zuhause, zum Beispiel sogenannte Balancebretter.
Gutartiger Lagerungsschwindel
Treten die Schwindelgefühle bei jeder Veränderung der Kopfhaltung auf, also auch im Ruhezustand, handelt es sich wahrscheinlich um den sogenannten gutartigen Lagerungsschwindel. Betroffene beschreiben das Gefühl als „Drehschwindel“, etwa so, als würde man Karussell fahren. Bei dieser Störung haben sich im Inneren des Ohres spontan sogenannte Ohrsteinchen aus den Bogengängen gelöst und ihre Stellung verlagert. Dies kommt häufig vor und ist nicht weiter bedenklich. Die abgelösten Ohrsteinchen irritieren jedoch die Sinneszellen im Ohr und lösen damit Schwindel aus.
Unter ärztlicher Anleitung kann eine einfache Übung, bei der schnell die Kopflage verändert werden soll, die Ohrsteinchen wieder zurück in die Bogengänge befördern. Da der gutartige Lagerungsschwindel sehr häufig ist, wird mit der Patientin oder dem Patienten oftmals vor einer weiteren Untersuchung die beschriebene Übung durchgeführt. Sie ist schnell, effizient und stellt Diagnose und Therapie in einem dar. Führt sie nicht zu einer Besserung des Schwindels, müssen andere Ursachen in Betracht gezogen werden.
Zentraler Lageschwindel
Eine ernsthafte Angelegenheit ist der zentrale Lageschwindel. Er entsteht durch Veränderungen am Hirnstamm oder im nahegelegenen Kleinhirn. Durchblutungsstörungen können ebenso dahinter stehen wie Multiple Sklerose oder andere Krankheiten des Gehirns. Der Schwindel kann in Form von kurzen Attacken auftreten oder kontinuierlich bestehen. Typisch für den zentralen Lageschwindel sind ruckartige Augenbewegungen nach oben oder unten, die nicht zu steuern sind. Dies können Neurologen mit einer speziellen Brille messen. Zudem sind Aufnahmen vom Innern des Gehirns notwendig, um eine eventuelle Geschwulst auszuschließen. Die Therapie ist abhängig von der diagnostizierten Ursache.
Morbus Menière
Eine unangenehme Schwindelkrankheit ist Morbus Menière, bei der die Betroffenen sehr heftige, von Erbrechen und Übelkeit begleitete Drehschwindelanfälle erleiden. Die Attacken können zu jeder Tages- und Nachtzeit auftreten und dauern von 20 Minuten bis zu mehreren Stunden. Währenddessen hören die Patienten schlecht, oftmals klagen sie über Ohrensausen. Morbus Menière geht mit einer Vermehrung der Innenohrflüssigkeit einher, deren Ursache jedoch noch nicht geklärt ist. Die Erkrankung ist derzeit nicht heilbar, lediglich die Krankheitssymptome können behandelt werden. Zur Therapie akuter Anfälle oder zur Anfallsprophylaxe werden Medikamente eingesetzt, darüber hinaus sind auch chirurgische Eingriffe möglich.
Infektion des Gleichgewichtsnervs
Als Ursache für Schwindel kommt auch eine Infektion des Gleichgewichtsnervs mit Herpesviren in Frage. Herpesviren schlummern in fast jedem Menschen. Der Schwindel setzt in diesem Fall plötzlich und heftig ein und kann in einen Dauerschwindel übergehen. Hinzu kommen starke Übelkeit und Erbrechen. Diese Form von Schwindel sollte im Krankenhaus behandelt werden, denn als Therapie hilft am besten eine schnelle Injektion von Cortison. Auch Bettruhe ist wichtig und eventuell eine durchblutungsfördernde Medikation. Ansonsten heißt es abwarten, bis der Körper mit der Entzündung fertig geworden ist. Dies kann leider Monate dauern.
Welcher Arzt ist der richtige?
Um sicher zu sein, ob der Schwindel harmlose oder besorgniserregende Ursachen hat, sollten Sie auf jeden Fall zunächst zu Ihrer hausärztlichen Praxis gehen. Hier können einige Schwindelformen direkt behandelt werden, während Sie bei Verdacht auf andere Ursachen zu einem niedergelassenen Neurologen oder zu einem Schwindelexperten an der nächstgelegenen Klinik überwiesen werden.
© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Dr. Beatrice Wagner www.beatrice-wagner.de
Redaktion: Birgit Kahl-Rüther
Weiterführende Links
Infos, Übungen und eine kostenlose Broschüre zum Thema „Schwindel im Alter“ von der Deutschen Seniorenliga zum Download
Spezialambulanz Schwindel an der Universitätsklinik Mainz
Medizinische Informationen zum Schwindel von den HNO-Ärzten im Netz